Der Tod
auf dem Centerfoldfoto dieses lobster hat lange Haare, hat
einen jugendlichen Körper, ein leichtes Schmunzeln im
Mundwinkel und ist mutig halbnackt. Er trägt auf der
Brust und den Oberarmen Tätowierungen. Seine mächtige
Halskette, am Ende mit einem Ring, weist darauf hin, dass
er auch Punkliebhaber ist. Leichtfertig richtet er geübt
einen Revolver auf uns. Diese Geste zeugt von einem Spiel
mit Macht, Überlegenheit und Erotik.
Walter Dahn
setzt dem Konterfei Hörner auf. Damit bricht er in freudiger
Klarheit das diabolische Moment. Der Revolver macht keinem
mehr Angst.
Robert Johnson,
Sam Cooke und Marvin Gaye sind bekannt für ihren Blues,
Rhythm & Blues beziehungsweise Soul. Ein ausschweifiges
Leben gehörte dazu. Alle drei wurden ermordet. Ihre Namen
hat Walter Dahn auf eine Schwarz/Weiß-Fotokopie des
Fotos geschrieben. Die Liste der getöteten Sänger
wirkt nicht wie eine Anklageschrift gegen den Tod, eher stehen
die Namen exemplarisch für die der Endlichkeit abgerungenen
Musik. Die mit Bleistift überarbeitete Fotokopie, auch
in der Art wie sie eine gewisse Lakonie und Beiläufigkeit
vortäuscht, malt ein positives Bild für das Leben.
Sie belegt eine Überwindungskraft in den Musik-Liebhabern.
Die genannten Musiker stehen für einen Anspruch an die
Musik: Sie soll in aller Bescheidenheit das stärken,
was wir Seelisches, Spirituelles nennen.
Im Katalog
zu Walter Dahns Ausstellung "Another Time Another Place"
im Stedelijk Museum Amsterdam, 1997 schreibt Marcus Steinweg:
"Es ist die Arbeit an dieser Öffnung oder Nische,
am Offenhalten dieser Öffnung, um dort im geeignetsten
Augenblick die Geste seiner Wächterschaft zu riskieren,
die ich die Versuchung des Unmöglichen nennen möchte..."
Die Musik,
die Musiker, die Liedtexte und Titel, die Walter Dahn in seinen
künstlerischen Werken mit einbringt, ermöglichen
unaufdringlicher und wegen der bescheideneren Geste die Verbindung.
Walter Dahn arbeitet an einer Kunst mit Kunst, an einer Kunst
durch Kunst, an einer "fröhlichen Wissenschaft".
Den Fotoapparat nutzt er oft für die "frische Sicht
auf die Schönheiten, die der Alltag (immer noch) bereithält,
eine Offenheit und Durchlässigkeit für neue Impulse."
Am 8. Oktober
eröffnet eine Ausstellung von Walter Dahn in der Schulstraße
48 in Frankfurt Sachsenhausen. Weitere Informationen unter
Telefon (069) 62 22 74
Konstantin Adamopoulos
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